Vorherige Seite

title-image

„Man wächst mit seinen Aufgaben“

Marc Perry unterrichtet seit 2006 an der Gemeinschaftsschule Bredstedt. Der studierte WiPo- und Englischlehrer verantwortet seit vielen Jahren auch den Bereich Berufsorientierung – mit großem Engagement und einem breit aufgestellten Konzept. Im Gespräch erklärt er, wie die Schule ihre Schülerinnen und Schüler auf den Beruf vorbereitet, wo die Herausforderungen liegen und worauf er besonders stolz ist.

Herr Perry, Sie verantworten seit 2007 den Fachbereich Berufsorientierung. Wie ist dieser Bereich an Ihrer Schule aufgestellt?

Berufsorientierung (BO) ist bei uns eine Querschnittsaufgabe, die stark im WiPo-Unterricht verankert ist. Inzwischen haben wir das Glück, ausreichend WiPo-Lehrkräfte zu haben. In früheren Jahren sind auch mal Geschichts- oder Erdkundelehrer eingesprungen. Ich selbst koordiniere BO schulweit und organisiere zahlreiche Formate.

Wann beginnt die Berufsorientierung bei Ihnen?

Genau, wir fangen früh an. In Klasse 5 und 6 geht es erstmal spielerisch zu. Wir besuchen etwa einen Bauernhof oder laden Eltern ein, ihre Berufe vorzustellen – das kann der Tischler von nebenan sein oder ein eher ungewöhnlicher Beruf, den man hier in Nordfriesland vielleicht nicht sofort erwartet.

Und wie geht es dann weiter?

In Klasse 7 startet die systematische Berufsorientierung mit dem Stärkenparcours – ein landesweites Format, an dem alle Gemeinschaftsschulen in Schleswig-Holstein teilnehmen. In Klasse 8 wird’s dann ernst: Zwei Praktika stehen an, darunter ein zweiwöchiges in der Bildungs- und Arbeitswerkstatt (BAW) in Niebüll. Die Schüler lernen dort unterschiedliche Berufsfelder kennen – von Handwerk über Pflege bis Gastronomie.

Was passiert im Anschluss an das Praktikum in der BAW?

Im Mai folgt ein einwöchiges Betriebspraktikum, das die Jugendlichen sich selbstständig suchen können. Oft orientieren sie sich dabei an den Erfahrungen aus der BAW. Gleich nach den Sommerferien in Klasse 9 kommt ein weiteres Praktikum hinzu. Zusätzlich besuchen die Schüler Messen, und es finden BO-Veranstaltungen auch in Klasse 10 statt.

Wie unterstützen Sie Ihre Schülerinnen und Schüler ganz konkret bei der Berufsfindung?

Wir arbeiten sehr eng mit der Berufsberatung zusammen. Unsere Beraterin kommt regelmäßig in die Schule, übernimmt auch mal Unterrichtseinheiten zu Bewerbungsschreiben, Vorstellungsgesprächen oder Einstellungstests. Zudem kooperieren wir mit ‚Praktikum Westküste‘, das besonders bei der Praktikumsplatzsuche hilfreich ist.

Welche weiteren Partner haben Sie im Boot?

Wir kooperieren zum Beispiel mit der VR Bank, verschiedenen Handwerksbetrieben und regionalen Unternehmen. Manche führen Betriebsbesuche durch, andere schicken Ausbilder oder Gesellen in den Unterricht – oder wir organisieren Vorträge nachmittags speziell für interessierte Schüler. So stellen wir sicher, dass die Informationen dort ankommen, wo sie wirklich gewünscht sind.

Ein Highlight ist sicher die jährliche JobNight. Was steckt dahinter?

Die JobNight ist unser größtes BO-Event. Was 2012 mit 22 Betrieben gestartet ist, hat sich zu einer Messe mit 60 bis 70 Ausstellern entwickelt. Das ist auch unser Kapazitätslimit. Die Resonanz ist groß, die Betriebe kommen inzwischen sogar aus Flensburg oder Kiel. Das Format lebt von Mundpropaganda – und es freut mich, dass auch die Schüler es wertschätzen.

Was sind die größten Herausforderungen bei der Berufsorientierung?

Die größte Herausforderung ist es, die Schüler in ihrer individuellen Entwicklung zu begleiten. Viele brauchen Zeit, um sich zu orientieren. Die Praktika helfen enorm, ein realistisches Bild vom Berufsleben zu bekommen. Und ich freue mich, wenn Schüler durch diese Erfahrungen selbständiger und fokussierter werden.

Gibt es Erfolgsgeschichten, an die Sie besonders gern zurückdenken?

Viele. Man trifft ehemalige Schüler wieder – beim Einkaufen, im Zug – und hört dann: Ich mache gerade meine Meisterprüfung! Das ist dann schon ein Gänsehautmoment, vor allem, wenn man bei dem Schüler früher Zweifel hatte. Ich erinnere mich an einen, den ich als eher planlos in Erinnerung hatte – heute macht er seinen Meister im Handwerk. Das sind Sternstunden.

Was wünschen Sie sich von den Schülern auf ihrem Berufsweg?

Realitätssinn, Information und Bodenhaftung. Man sollte wissen, welche Berufe hier in der Region gefragt sind, und sich ehrlich fragen: Passe ich da rein? Auch Allgemeinbildung ist wichtig – viele kleinere Betriebe verzichten auf Einstellungstests, schauen aber genau hin, wie sich ein Bewerber beim Praktikum präsentiert.

Wie unterstützt die Schule Ihre Arbeit?

Ich habe zwei Verwaltungsstunden für BO – das reicht natürlich nicht. Vieles läuft in meiner Freizeit oder nebenbei. Aber die Schulleitung ist sehr kooperativ, auch das Kollegium ist engagiert. Wenn Hilfe nötig ist, steht man nicht allein da. Das ist viel wert.

Vielen Dank für das Gespräch!

TEXT Markus Till
FOTO Reinhard Witt

So geht Berufsorientierung

Eine korrekte und aussagekräftige Bewerbung ist der erste Schritt auf dem Weg in die Ausbildung. In unserem Servicebereich steht außerdem, wie man die nachfolgenden Herausforderungen in Vorstellungsgespräch, Assessmentcenter und dem Start ins Arbeitsleben erfolgreich meistert.