Grundsätzlich gibt es für keinen Ausbildungsberuf einen vorgeschriebenen Schulabschluss. So hat theoretisch jeder die Möglichkeit, ob mit oder ohne Schulabschluss, jeden Beruf zu erlernen, den er möchte. Die Praxis sieht allerdings ganz anders aus. Die meisten Betriebe und Unternehmen erwarten von ihren Bewerberinnen und Bewerbern einen bestimmten Schulabschluss. Wer diesen nicht vorweisen kann, der hat es schwer. Ganz unmöglich ist es aber nicht. Wir zeigen, wie es geht.


Im Grunde bestehen zwei Möglichkeiten für Jugendliche, die ihre Schule ohne Abschluss verlassen haben und eine Berufsausbildung anstreben: Entweder holen sie den Ersten allgemeinbildenden Schulabschluss nach und verbessern damit ihre Chancen auf dem Ausbildungsmarkt oder sie bemühen sich ohne Abschlusszeugnis um eine Ausbildungsstelle. Jugendliche, die trotz eines Schulabschlusses keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, können an ausbildungsvorbereitenden Maßnahmen teilnehmen oder einen höheren Schulabschluss anstreben, um ihre Chancen auf einen Ausbildungsplatz zu verbessern.

Schulabschluss nachholen

Der Erste allgemeinbildende Schulabschluss ist für viele Berufsausbildungen die Mindestvoraussetzung und damit ein wesentlicher Grundstein für die Aufnahme einer beruflichen Ausbildung. Wer keinen Abschluss geschafft hat, dem bleiben aber mehrere Möglichkeiten, diesen nachzuholen. So kann zum Beispiel die Klasse wiederholt werden. Oder man wählt eine Maßnahme, bei der man den Abschluss nachholt und sich gleichzeitig auf die zukünftige Berufsausbildung vorbereitet.

Berufseingangsklasse (BEK)

In Berufseingangsklassen werden berufsschulpflichtige Jugendliche aufgenommen, die sich nach dem Verlassen einer allgemeinbildenden Schule in keinem weiteren (Aus-)Bildungsgang oder keiner anderen Bildungsmaßnahme befinden. Ziel ist es, diese Jugendlichen in einem Jahr auf einen Übergang in eine Ausbildung oder eine andere Bildungsmaßnahme vorzubereiten. Vorrangig werden die Kenntnisse in den Fächern Mathematik, Englisch und Deutsch gestärkt. Zusätzlich werden Betriebspraktika durchgeführt. Berufseingangsklassen bieten durch zusätzlichen Unterricht die Möglichkeit, einen Ersten allgemeinbildenden oder einen gleichwertigen Schulabschluss zu erwerben.

An zwei Tagen der Woche findet ein berufsvorbereitender Unterricht an den Berufsschulen statt. Die übrigen drei Tage besuchen die Schülerinnen und Schüler einen Betrieb, um erste Erfahrungen in der Arbeitswelt zu sammeln. Teilnehmer/innen müssen die allgemeinbildende Schule für mindestens neun Jahre besucht haben und noch berufsschulpflichtig sein. Sie dürfen keinen Ausbildungsplatz gefunden haben sowie keine weiterführende Schule oder andere ausbildungsvorbereitende Maßnahme besuchen.

Ausbildungsvorbereitendes Jahr (AvJ)

Wie Berufseingangsklassen hat auch das ausbildungsvorbereitende Jahr das Ziel, bei der beruflichen Orientierung zu helfen, die Ausbildungsreife zu fördern und den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern. Auch hier kann der Erste allgemeinbildende Schulabschluss durch zusätzlichen Unterricht nachgeholt werden. In dieser einjährigen Vollzeitmaßnahme werden neben den Hauptfächern auch berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten in Theorie und Praxis ermittelt. Das AvJ wird in verschiedenen Berufsfeldern angeboten; es ist abhängig von den Möglichkeiten der beruflichen
Schulen, die diese Maßnahme anbieten. Berufsfelder sind zum Beispiel Ernährung und Hauswirtschaft, Garten- und Landschaftsbau, Gesundheit, Service und Sicherheit, Technik und Wirtschaft sowie Verwaltung. Teilnehmen können Jugendliche, die nach dem Verlassen der allgemeinbildenden Schule keinen Schulabschluss erreichen konnten und auch keinen Ausbildungs- oder Arbeitsplatz gefunden haben.

Berufsgrundbildungsjahr (BGJ)

Im Berufsgrundbildungsjahr können an beruflichen Schulen allgemeine, fachtheoretische und fachpraktische Inhalte erworben werden, die eine berufliche Grundbildung vermitteln sollen. Der Unterricht umfasst einen allgemeinen Bereich, in dem berufsübergreifende Fächer unterrichtet werden, sowie einen berufsbezogenen Bereich, in dem die Inhalte bestimmter Lernfelder vermittelt werden. Der Unterricht findet entweder in Voll- oder Teilzeit statt. Der erfolgreiche Abschluss des BGJ kann als erstes Ausbildungsjahr auf eine nachfolgende Berufsausbildung angerechnet werden. Wenn man bei Eintritt in das Berufsgrundbildungsjahr noch keinen Ersten allgemeinbildenden Schulabschluss besitzt, kann bei erfolgreichem Besuch ein gleichwertiger Schulabschluss erworben werden.

Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB)

Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen setzen sich aus einer Vielzahl von Förderprogrammen der Agentur für Arbeit zusammen. Ihr Hauptziel ist, Orientierungshilfen bei der Berufswahl zu bieten, die Aufnahme einer Erstausbildung zu unterstützen oder eine berufliche Wiedereingliederung zu ermöglichen. Dabei richten sich die differenzierten Maßnahmen nach dem individuellen Förderbedarf. Teilnehmen können schulpflichtige Jugendliche, die noch keinen Ausbildungsplatz gefunden oder diesen wieder verloren haben. Auch junge Menschen mit einer Behinderung oder mit Migrationshintergrund finden hier passende Hilfsangebote. Neben allgemeinen Inhalten werden auch fachspezifische Qualifikationen vermittelt.

Einstiegsqualifizierung (EQ)

Die Einstiegsqualifizierung (EQ) ist ein von der Agentur für Arbeit finanziertes betriebliches Langzeitpraktikum. Während des Praktikums, das mindestens sechs und höchstens zwölf Monate dauert, werden Grundkenntnisse in dem angestrebten Ausbildungsberuf vermittelt. Wer noch schulpflichtig ist, geht in dieser Zeit auch zur Berufsschule. Ziel ist es, im Anschluss an die Einstiegsqualifizierung einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Viele Betriebe, die EQ-Plätze zur Verfügung stellen, übernehmen die Jugendlichen nach dem Praktikum in ein Ausbildungsverhältnis. Unter bestimmten Umständen kann die Dauer der EQ auf die Ausbildung angerechnet werden. Teilnehmen können Jugendliche unter 25 Jahren (in Ausnahmefällen auch Ältere), die bis zum 30. September eines Jahres noch keinen Ausbildungsplatz gefunden haben.

Volkshochschule (VHS)

Volkshochschulen bieten Kurse zum nachträglichen Erwerb des Ersten allgemeinbildenden Schulabschlusses an. An dem in der Regel einjährigen Lehrgang können Jugendliche und Erwachsene teilnehmen, die zum Zeitpunkt der Meldung zur Prüfung mindestens das 16. Lebensjahr vollendet haben und nicht mehr der Schulpflicht unterliegen. Diese Kurse vermitteln zielgerichtet Kenntnisse und Fertigkeiten in den Fächern Deutsch, Mathematik, Erdkunde, Geschichte, Biologie und Physik. Auch der Mittlere Schulabschluss kann nachgeholt werden. Der Besuch einer Volkshochschule ist allerdings kostenpflichtig.

Ausbildung ohne Schulabschluss

Wer seinen Schulabschluss nicht nachholen, sondern gleich ins Berufsleben einsteigen möchte, der wird es nicht leicht haben. Meistens haben Bewerberinnen und Bewerber mit einem guten Abschlusszeugnis die besseren Chancen. Deswegen sollten einige Dinge bei der Bewerbung beachtet werden.

Für welchen Beruf bewerbe ich mich?

Zurzeit herrscht ein großer Mangel an Auszubildenden. Das bedeutet, dass viele Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben und die Unternehmen und Betriebe die Anforderungen für Bewerberinnen und Bewerber senken. Besonders in den Branchen Hotellerie und Gastronomie, im Handel und im Handwerk könnten Jugendliche auch ohne Schulabschluss einen Ausbildungsplatz bekommen.

Richtig bewerben

Wichtig ist eine Bewerbung, die deinen zukünftigen Arbeitgeber überzeugt. Achte besonders auf fehlerfreie und vollständige Bewerbungsunterlagen und vermeide Standardfloskeln aus dem Internet. Bewerberinnen und Bewerber, die keine guten Noten vorweisen können, sollten im Anschreiben Tugenden wie Pünktlichkeit, Höflichkeit, Genauigkeit, Zuverlässigkeit oder Durchhaltevermögen betonen oder der Bewerbung ein Motivationsschreiben beilegen. Ein Angebot, dass du gerne im Rahmen eines freiwilligen Praktikums deine Fähigkeiten unter Beweis stellen möchtest, macht sich ebenfalls gut und signalisiert dein persönliches Engagement.